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News Spender-Patientenkontakt nach 18 Jahren - mit Erfahrungsbericht

von: Karen Utikal
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Unser Spender mit seinem Patienten

Wolfram Jacob ist seit 1999 in unserer Stammzellspenderdatei DSSD NORD-OST registriert. 2004 gab es einen Treffer bei einer Patientensuche und er durfte die „Nadel im Heuhaufen“ sein. Er spendete Blutstammzellen für einen tschechischen Patienten. Da sein Patient noch einmal ein wenig Unterstützung beim Genesungsprozess brauchte, spendete er ohne zu zögern 2005 Lymphozyten. Nach 18 Jahren konnte er seinen Patienten nun in die Arme schließen. Mit seinem Erfahrungsbericht möchte er diese besonderen Momente in seinem Leben mit unseren Lesern teilen.

Stammzellen retten Leben – lass dich registrieren!

"Viele Jahre war ich erst Blut-, später Plasmaspender. Dort kam ich mit der Knochenmarkspende-Möglichkeit in Berührung und habe mich in der Stammzellenspenderdatei des DRK typisieren lassen.
Im November 2004 wurde es „ernst“. Meine Werte stimmten (mit 9 von 10 Punkten, wie sich für mich später herausstellte) mit einem Leukämie-Patienten überein! Die Voruntersuchungen bei mir gaben „grünes Licht“. Mir sollten periphere Blutstammzellen entnommen werden. Dazu musste ein Medikament gespritzt werden, das vorübergehend die Produktion der weißen Blutkörperchen anregt. So habe ich eine Woche lang mir täglich eine Spritze in den Bauch verabreicht, ohne Probleme und ohne Schmerzen. Am 14./15.12.2004 wurden mir die Stammzellen entnommen. Das bedeutete, jeweils rechts und links in der Armbeuge wurde eine Kanüle gelegt und an einer Seite Blut entnommen, in einer Maschine die Entnahme erfolgt und der „Rest“ kam in der anderen wieder zurück. Das hat 3 – 4 Stunden gedauert. Danach kam das Produkt sofort zu meinem Patienten.
Eine nette Episode am Rande: Durch meine vielen Spenden war ich bei der Blutspende bei den Schwestern bekannt. Dort wurde ich aufgenommen und dann in das benachbarte Universitätsklinikum „weitergereicht“. Als ich dort schon „angeschlossen“ war, kam die Schwester nochmal zu mir. Sie sagte, ich müsse noch die amtliche Aufnahme und schriftliche Dokumentation bestätigen! Das war für die Schwester „so selbstverständlich“, dass ich der richtige Spender war! Ich habe das natürlich sofort nachgeholt.
Nach der Spende habe ich keinerlei Probleme gehabt.
Es gab eine Anerkennungsurkunde und ein Dankschreiben an meinen Arbeitgeber, der mich freigestellt hatte.
Im Mai 2005 wurde ich gefragt, ob ich bereit wäre, für meinen Patienten nochmals Lymphozyten zu spenden. Es wäre notwendig, zusätzlich zur vorherigen Stammzellenspende. Selbstverständlich habe ich das gemacht.
Als Dank bekam ich Schale, Vase und Tassenset aus Meißner Porzellan in modernem Design vom DRK-Blutspendedienst! Hier nochmals vielen Dank!
Nach 2 Jahren hatte ich die Möglichkeit, einen Antrag zu stellen, meinen Patienten kennenzulernen. Die Antwort vom behandelnden Krankenhaus war, dass er lebt und die Stammzellen angenommen hat, aber noch Probleme hat. Die Aufhebung der Anonymität wurde noch nicht mitgeteilt. Auch 2007 noch nicht.
Im November 2009 wurden die Daten freigegeben. „Mein Patient“ lebt in Ceske Budejovice, Budweis, Tschechoslovakei. Ich nahm mit ihm erst brieflich Kontakt auf, dann per Email. Es war ein Problem: ich kann nicht tschechisch, er nicht deutsch. So eine selbstverständliche Übersetzungsmöglichkeit über das Internet wie heute gab es noch nicht. So musste ich in meiner Firma jemanden finden, der mir das jeweils übersetzen konnte. Und es gab einen. So erfuhr ich von ihm, dass es verheiratet ist und allerdings immer noch Probleme mit Lunge, Atmung und allgemeiner Gesundheit hat. Leider brach der Kontakt nach 2… 3 Emails ab. Keiner weiß, wer da aufgegeben hat.
Im Januar 2022 fiel mir die letzte Email-Korrespondenz in die Hände – und schrieb ein Email - jetzt mit Google-Übersetzung! Und am nächsten Tag kam die Antwort!!!! Das war eine Freude!
Nun gab es Emails hin und her. Er ist verheiratet, hat Kinder und wohnt in einem eigenen Haus. Er ist ein Jahr jünger als ich, jetzt also 70 Jahre. Er war bis Ende der 90-er Jahre ein internationaler erfolgreicher Eishockeyspieler, in der CSSR bis in die 80-er, dann 1982 bis 1987 in Kanada, bis 1991 in Deutschland. Danach war er in verschiedenen Positionen für den tschechischen Eishockeysport zuständig. Er gründete das erste rein privat finanzierte Fitnesstudio in Budweis. Er stiftetet eine private Eishockeyhalle für den Nachwuchssport.
Er schrieb ein Buch über sich – über die sportlichen Erfolge und über seine Krankheit, von der ersten Krankenhauseinweisung am 28.7.2004 bis ins Jahr 2006 hinein. Auch über alle seine Probleme und Behandlungen und Schmerzen!
Jetzt ist er völlig geheilt!
Am 2.5.2022 besuchte ich ihn, mit meiner Frau. Es war vorher ein leicht beklemmendes Gefühl – wie begegne ich dem „fremden“ Mann, und er mir. ABER: Es war problemlos und herzlich! Es stellte sich heraus, dass er gut deutsch spricht – nur nicht schreiben kann. Am Telefon in Budweis: Grüß Gott Wolfram, wo bist du? Da war alles geklärt. Wir haben zusammen Budweiser Bier getrunken, er hat uns seine Eishockeyhalle gezeigt (jetzt verkauft), sein Fitness-Studio, die Budweis-Brauerei und sein Haus. Auch von Frau und Sohn sind wir freudig begrüßt worden.
Und immer wieder: Danke, du hast mir das Leben gerettet!
Wolfram Jacob“

 


Bilder zum Beitrag

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Beide vor dem Eisstadion

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